Es war eine seiner Stärken, mithilfe seines scharfen Verstandes die Dinge zuerst einmal zu analysieren, um dann konkrete politische Aussagen zu treffen. Zum Intellekt gehörte Ideenreichtum und der war Herbert Moritz ebenso zu eigen, wie sein starkes soziales Engagement für alle jene, die von einer wenig gerechten Welt benachteiligt wurden.
In seiner Wohnung in Salzburg-Lehen hingen Bilder von Alfred Hrdlitschka und Adolf Frohner. In der Musik war Herbert Moritz der Klassik zugetan – in der Literatur hielt er es mit Thomas Bernhard, H. C. Artmann oder Gerhard Amanshauser, die er zu seinen Bekannten zählte.
Seine Interessen auf die Kultur festlegen zu wollen, wäre aber ein Irrtum. Sein Doktorat machte er in Publizistik und Geschichte – beruflich war er jahrelang Journalist, bevor er in die Politik einstieg.
Geistig fühlte er sich der ArbeiterInnenbewegung stets verbunden, doch deren Rahmen war für ihn – wie auch für seinen damaligen Parteifreund Bruno Kreisky – weiter gesteckt, als in früheren Zeiten. Herbert Moritz war Sozialdemokrat und Liberaler zugleich. Die Öffnung seiner Partei auch Andersdenkenden gegenüber war ihm ein entscheidendes Anliegen. Toleranz und Fairness gegenüber den politischen MitbewerberInnen wollte er als wichtige Gebote verstanden wissen.
Es ist nicht so, dass er keine Fehler hätte, der Dr. Moritz. Die hat jeder Mensch. Einer davon wäre, so sagen manche über ihn, dass er sich selbst zu wenig ins Rampenlicht stellt, dass er zu wenig für die „Show“ arbeitet. Andere Politiker in Salzburg tun das, um Schwächen ihrer eigenen Politik zuzudecken. Moritz nicht. Er liebt die Verlässlichkeit, das seriöse Arbeiten an Problemen und das tägliche Gespräch mit den Menschen, oft auch nur im kleinen Kreis: Das ist nichts fürs Fernsehen.
Aus einer Wahlwerbebroschüre der Salzburger SPÖ, 1979.
Kindheit und Jugend
Herbert Moritz wurde am 30. März 1927 in Salzburg geboren und absolvierte die Plainschule in der gleichnamigen Plainstraße in der Elisabeth-Vorstadt. 1937 wechselte er ins Realgymnasium und wurde von dort sieben Jahre später zur sogenannten Heimatflak einberufen. Die Notdienstverordnung vom 15. Oktober 1938 galt dafür als Rechtsgrundlage. Die Salzburger Zeitung (SZ) berichtete etwa am 23. Juni 1943 „vom ersten Lehrgang der ‚Salzburger Heimatflak‘ in Maxglan und auf dem Geschützstand des Salzburger Flugplatzes“ [1].
1944 wurde Herbert Moritz zur Wehrmacht eingezogen und nach kurzer Ausbildung an die Front gesendet, wo er auch verwundert wurde. Im Frühjahr 1945 geriet er in Kriegsgefangenschaft, konnte jedoch bereits im Sommer nach Hause zurückkehren.
Wenige Monate später, im Oktober 1945, begann Herbert Moritz als Volontär beim damaligen „Demokratischen Volksblatt“ dem Landesorgan der Salzburger SPÖ, zu arbeiten.
>> Herbert Moritz: Der Journalist
[1] Göllner, Siegfried (2015): Die Stadt Salzburg 1943 – Zeitungsdokumentation. 16.2.2015. https://www.stadt-salzburg.at/fileadmin/landingpages/stadtgeschichte/ns_projekt/dokumente/zeitungsdokumentation_1943.pdf [Zugriff: 22.6.2023]
Sein Großvater: Karl Emminger
Karl Emminger, der Großvater von Herbert Moritz, wurde am 26. September 1878 im heutigen Bad Deutsch-Altenburg (Niederösterreich) geboren. 1902 kam der gelernte Schlosser nach Salzburg und arbeitete zunächst als Werkmeister im Eisenbahnbetrieb. In der sozialdemokratischen „Freien Gewerkschaft“ wurde Karl Emminger später Hauptvertrauensmann der Salzburger Eisenbahner.
Nach dem 1. Weltkrieg bekleidete er wichtige politische Funktionen auf Landes- und Gemeindeebene. So war er etwa ab 1918 als Gemeinderat in der zunächst noch eigenständigen Gemeinde Gnigl tätig (diese wurde 1935 in die Landeshauptstadt Salzburg eingemeindet). 1919 wurde er zum Landesrat gewählt und engagierte sich vor allem im Wohnungs- und Straßenbau. Der populäre Politiker fungierte zudem als Präsident der Salzburger Arbeiterkammer.
Am 24. April 1932 wurde in Salzburg die vierte Landtagswahl in der Ersten Republik abgehalten. Die sozialdemokratische Landesparteivertretung lud dazu am 12. April zu einer Massenversammlung in den städtischen Kurhaussaal – Karl Emminger fungierte neben Robert Preußler und Josef Witternigg als Hauptredner.
Nach dem Verbot der Sozialdemokratie im Jahr 1934 verlor auch Karl Emminger seine Funktionen. Er selbst wurde als Kommandant des „Republikanischen Schutzbundes“ während der Februarkämpfe verhaftet und blieb bis zum 24. April 1934 im Gefängnis.
Unter dem Titel „Die neuen Männer im Landtag“ berichtete das Salzburger Volksblatt am 6. November 1934 zynisch von den politischen Umwälzungen im Austrofaschismus: „Von den Mitgliedern des sozialdemokratischen Klubs, dem u. a. Karl Emminger, Fachlehrer Anton Neumayer [sic!], Robert Preußler und Frau Anna Witternigg angehörten, kam als Funktionär im neuen Landtag niemand mehr infrage.“ [1]
Im NS-Unrechtsstaat galt Karl Emminger aufgrund seiner Gesinnung von Anfang an als „politisch vorbelastet“ und somit als Regimegegner. Im November 1942 wurde er dann auch von der Gestapo verhaftet und wegen angeblicher „Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt, im Mai 1943 jedoch freigesprochen. Ein Jahr später, am 3. Mai 1944, verstarb er an den Folgen einer Angina pectoris. Herbert Moritz berichtete später darüber, dass sein Großvater bereits als todkranker Mann aus dem Gefängnis kam und sich von den Haftbedingungen nicht mehr erholen konnte.
Gedenktafel zu Ehren der im Kampf gegen den Faschismus gestorbenen Eisenbahner.
(Salzburger Hauptbahnhof, Empfangsgebäude)
[1] Salzburger Volksblatt, 6. November 1934, Seite 7. ("ANNO/Österreichische Nationalbibliothek")